Gessnerallee
Zürich

Hier finden Sie Zusatzinformationen zur Theaterperformance «The Notebook» von Forced Entertainment, das vom 9. - 11. Oktober an der Gessnerallee gastiert.

«The Notebook» ist eine Theaterperformance von Forced Entertainment basierend auf dem preisgekrönten gleichnamigen Roman «The Notebook» von 1986 der ungarisch-schweizerischen Schriftstellerin Ágota Kristóf.

Wer sind Forced Entertainment?

Forced Entertainment ist eine postdramatische britische Künstlergruppe unter der Leitung von Tim Etchells. Sie wurde 1984 in Sheffield gegründet und realisiert Genre-übergreifende Arbeiten in den Bereichen Theater, Installation, Performance, digitale Medien und Film. Forced Entertainment sucht immer wieder nach neuen Aufführungsformaten von Theater und Performance und verliert dabei nie die selbstkritische Distanz und das Gefühl, zu berühren.
http://www.forcedentertainment.com/

Forced Entertainment in der Gessnerallee

The Last Adventures mit Tarek Atoui 2014


http://www.gessnerallee.ch/programm/search/?q=forced+entertainment#/2148

Gedanken von Forced Entertainment's Tim Etchels zu «The Notebook»

Words paint such vivid pictures, and somehow the simpler the better.
Writing The Notebook from the perspective of two children relocated to the countryside during World War Two, the Hungarian writer Ágota Kristóf knew very well the potential of a straightforward approach to language. Her twin narrators – the unnamed boys who describe their troubled lives in the countryside as the war drags to its conclusion and the new reality of Hungary as a Russian satellite state takes hold – have a style that’s poised between kids’ picture book and hard-boiled detective fiction....
Fortsetzung: http://www.forcedentertainment.com/notebook-entry/the-notebook-programme-note-by-tim-etchells/

Wer war Ágota Kristóf ?

Ágota Kristóf (1935 - 2011) wurde 1935 in dem ungarischen Dorf Csikvánd geboren, der Vater ein Lehrer, zeitweise politisch verfolgt und inhaftiert. Sie wuchs bei einem ihrer Brüder auf, machte Abitur, schrieb erste Gedichte und Bühnenstücke. Nach dem antisowjetischen Ungarn-Aufstand von 1956 flüchtete die 21-Jährige mit ihrem ebenfalls oppositionellen Ehemann und ihrer damals vier Monate alten Tochter in die Romandie, nach Neuchâtel. Kristóf fand Arbeit in einer Uhrenfabrik. Nach anfänglichen Gedichtveröffentlichungen in ungarisch begann sie in den 1970ern in französisch zu schreiben, die Sprache, die sie sich mühsam hatte aneignen müssen. Nach fünf Jahren in Isolation und Exil verliess sie ihren Mann, gab ihre Arbeit in der Uhrenfabrik auf und besuchte Sprachkurse an der Universität. Fast sprachlos zu sein, sich auf das Wesentliche beschränken zu müssen - ihr großes Unglück - wurde zum Glück des Publikums. Kristóf hatte die 50 schon überschritten, als ihr erster Roman erschien; es sollte gleich ihr bestechendster, wahrhaftigster und brutalster sein, denn er brachte all das zur größten Geltung, was Kristóf als Erzählerin auszeichnete: Der Krieg, die Flucht und ihre Folgen waren ihr Lebensthema; die Entwurzelung, die Einsamkeit, die Grausamkeit, den Hass, den Verrat und die Gewalt, die erleiden musste, wer blieb - und die im Gepäck mitnahm, wer ging. Auf «Das große Heft» folgten mit «Der Beweis» und «Die dritte Lüge» zwei weitere Bände als Abschluss einer Trilogie, dann Theaterstücke, eine Autobiographie, Novellen, sie fuhr überschwängliches Lob der Kritik ein, die sie mit Beckett und Kafka verglich, ein Preise darunter der deutsche Gottfried-Keller-Preis, der Österreichische Staatspreis für Literatur und der Europäische Preis für französische Literatur. 2011 starb Kristof nach langer Krankheit in Neuchâtel. Kristófs Werke sind in mehr als 30 Sprachen übersetzt worden. Ihr Nachlass befindet sich im Schweizerischen Literaturarchiv in Bern.

Als filmische Einführung läuft jeweils ein Stunde vor der Vorstellung der schweizerische Kurz-Dokumentarfilm «Ágota Kristóf - ecrire, aprés tout» (2011) von Sabine Bally, jeweils zweimal.

Literatur-Review von Ijoma Mangold:
Am Anfang bringt die Mutter die Zwillingsbrüder aufs Land zu ihrer Großmutter. Die Großmutter schimpft sie «Hundesöhne» und sagt, sie lägen ihr auf der Tasche. Doch die zwei Kinder, die ununterscheidbar im «Wir» der Erzählstimme verschmolzen sind, lassen sich davon nicht verschrecken. Sie sind zu klug, um in dieser Welt auf Liebe und Mitgefühl zu hoffen. Doch woher nehmen sie ihre Klugheit? Woher haben sie dieses pessimistische Wissen? Darauf gibt Ágota Kristóf in ihrem schneidend-brillanten Roman «Das große Heft» keine Antwort. Und zwar so demonstrativ nicht, als wollte sie sagen: Das versteht sich von selbst. Dass die Welt ein Ort der Grausamkeit ist, bedarf keiner empirischen Erkenntnis. (…)
http://www.zeit.de/2012/33/Agota-Kristof-Das-grosse-Heft