Mehr Informationen zu «Zurück in die Zukunft» von Neue Dringlichkeit (Premiere 1. Juni 2017)
Hintergrund von «Zurück in die Zukunft»
Als Kinder, Mitte der 90er, sahen wir gerne die Sendung «Jenseits des Jahres 2000». In ihr wurden zukunftsweisende Technologien vorgestellt, die das Leben der Menschen drastisch verbessern sollten. Wenn wir Sci-Fi Filme gesehen haben, oder Skizzen für Städte der Zukunft, wenn von neuen Technologien die Rede war,
überkam uns ein Gefühl der Vorfreude, der Neugier, der lustvollen Erwartung. Heute ist uns dieses Gefühl weitgehend abhanden gekommen. Die Rolle, die die Technologie ‘Jenseits des Jahres 2000’ gespielt hat, war rückblickend eher finster. Anstatt darüber zu trauern, möchten wir uns unseren lächelnden Blick in die Zukunft wieder erarbeiten, dieses aufgeregte nach vorne Schauen, diese Fähigkeit zu träumen. In ihr liegt revolutionäres Potential. Die Zukunft, die uns als Kinder ein atemberaubendes Wunderland schien, ist überraschend langweilig geworden. Wir haben keine Hoverboards, keinen Weltfrieden, keine Marskolonie. Stattdessen starren wir stundenlang in die ewig gleiche blau-weisse Facebook- oder Twitter- Timeline, trinken Kapselkaffee und fragen den grössten Wissensspeicher, den die Menschheit je gesehen hat, mit wem Taylor Swift gerade schläft.
Und warum sollten wir auch etwas Anderes wollen? Seit einigen Jahrzehnten begegnen uns immer mehr dystopische Vorstellungen von der Zukunft. Dunkel ist sie, eher dreckig, überfüllt und an jeder Ecke wartet ein Computer auf die Gelegenheit, eine*n umzubringen. Den Kapitalismus kann man laut diesen Narrativen ohnehin nicht überwinden, eher verschärft er sich und falls Aliens auftauchen, sollte man sie sofort erschiessen. Falls wir diese Angriffe überleben, bleibt immer noch die Natur, die sich gegen uns wenden wird,sollten wir zu optimistisch mit Technologie spielen. Die digitale Revolution? Bringt nur Ungemach: Wir verdummen, machen uns zu Opfern von Überwachungsstaaten und werden von unergründlichen Algorithmen kontrolliert. Linksalternative Zirkel liebäugeln mit einsamen Hütten im Wald und frönen dem Conscious Consuming. In Abgrenzung dazu unternehmen wir optimistische Expeditionen durch Utopia. Statt die Technikaffinität den politisch Rechten von Marinetti bis Thiel zu überlassen, erschliessen wir sie einem linken, humanistischen und demokratischen Denken. Wir sehen in einer Rückeroberung des technologischen Fortschritts immenses
Potenzial: Digitale, elektronische, medizinische, genetische Technologien bieten kaum ausgeschöpfte gesellschaftliche Möglichkeiten. Unser Zusammenleben könnte auf den verschiedensten Ebenen neu gedacht werden: Kategorien von Gender, Race und Class könnten längst revolutioniert und obsolet sein. Wir wollen uns wieder an andere Zukünfte erinnern, sie genauer anschauen, weiterentwickeln und unsere Utopien formulieren.
www.zurueckindiezukunft.org
Abb. Flyer
Wer ist Neue Dringlichkeit?
Das 2010 in Zürich als Reaktion auf die rechtspopulistische „Ausschaffungs- Initiative“ gegründete Kollektiv NEUE DRINGLICHKEIT arbeitet an der Grenze zwischen Kunst und Aktivismus, an der Grenze zwischen Politischem und
Privatem. Im Zentrum der Arbeit steht die Frage: „Was ist für dich dringlich?“. Prägende Themenfelder in den letzten Jahren waren der Rassismus in der Schweiz, der globale Kapitalismus, Gender-Equality, digitale Selbstbestimmung, der Israel-Palästina-Konflikt, der Arabische Frühling und die Occupy Bewegung. In wechselnden nicht-hierarchischen Konstellationen erarbeitet es lokal und international Performances, Workshops, Ausstellungen, Kurzfilme und Interventionen.
https://nd-blog.org/
©MajaLeo, Szenenbild Zurück in die Zukunft