
Der Performance-Effekt
/ Repräsentation versus Performativität
Repräsentation versus Performativität
Im Dialog: Margarita Tsomou, Autorin, Dramaturgin, Kuratorin (Berlin/Athen) & Tim Zulauf, Autor, Regisseur und Dozent im Fachbereich Kunst der HKB (Zürich/Bern)
Moderation. Anke Hoffmann, Kuratorin für Vermittlung
Die Aufdeckung der Konstruktionen von «Wir» und «den Anderen» bilden Schwerpunkte in der künstlerisch/kuratorischen Arbeit von sowohl Margarita Tsomou als auch von Tim Zulauf. Ihr Interesse gilt den Mechanismen und Interessen von medialen, öffentlichen Repräsentationen und der Frage, wie diese «Bilder» und die Realitäten, die mit ihnen hergestellt werden, hinterfragt werden können. Die Arbeiten von Tsomou und Zulauf beschäftigen sich mit performativen Gegenrepräsentationen in Form der Aufführung von Komplexität, die sich mit einer vorurteilsbehafteten Simplifizierung auseinandersetzt. Diese Arbeiten zeigen die Widersprüche auf von (öffentlicher) Repräsentation und (subjektiver) Performativität, die unmittelbar mit Machtstrukturen verknüpft ist.
Die Neuanordnung von Sichtbarem und Unsichtbarem, von ein-deutigen und mehr-deutigen Stimmen und Sprachen ist Gegenstand von Künstler_innen - im Theater, in der Choregraphie, in Texten, in der Performance, in der Kunst. Welche aktuellen Auseinandersetzungen dieses Spannungsfeldes lassen sich anhand konkreter Strategien beschreiben, welche ästhetischen Mittel werden wie eingesetzt und welche Möglichkeiten haben künstlerische Diskurse die medialen und öffentlichen Deutungsmuster zu stören und greifbare Gegendiskurse und Gegenwelten vorzuschlagen? ?
Biografien:
Margarita Tsomou
ist ein griechische Autorin, Dramaturgin, Kulturproduzentin und Kuratorin und lebt in Berlin. Zurzeit schreibt sie an ihrem Buch über die «Repräsentation der Vielen» im Kontext der griechischen Indignados Bewegung der Syntagma-Platz-Besetzung in Athen 2011 - ihre Promotion als Stipendiatin im künstlerisch-wissenschaftlichen Graduiertenkolleg „Versammlung und Teilhabe: Urbane Öffentlichkeiten und performative Künste" (HafenCity / Universität Hamburg / Fundus Theater / Kampnagel). Margarita Tsomou ist Mitherausgeberin des pop-feministischen Missy Magazines und schreibt für Print und Radio (f.ex., Die Zeit, taz, WDR, SWR). Ihre kuratorischen und künstlerisch-kollaborativen Arbeiten wurden unter anderem an der Volksbühne Berlin, am HAU Berlin und Kampnagel Hamburg, am Onassis Cultural Center Athens und am Goethe-Institut Athen gezeigt. Sie co-kuratierte 2014 die Konferenz «Fantasies that Matter» zur Repräsentation von Sexarbeit in Medien und Kunst (gemeinsam mit Eike Wittrock) und 2015 «This is Not Greece - Erzählungen von der Krise» im Rahmen des internationalen Sommerfestivals Kampnagel Hamburg. Margarita Tsomou schreibt, performt und kuratiert zu Neuem Feminismus, Sexualitätskritik, künstlerische Protestformen und soziale Bewegungen sowie zur Theorie der Demokratie und der Transformation der griechischen Gesellschaft während der Schuldenkrise.
Tim Zulauf
lebt in Zürich, ist Autor und Theaterregisseur und arbeitet als Dozent für Fine Arts an der Hochschule Bern. Er studierte Bildende Kunst in Basel, Zürich und Paris. Seit 2002 entstanden Bühnenprojekte und installative Arbeiten mit KMUProduktionen, einem offenen Netzwerk von Theater- und Kunstschaffenden. 2011 realisierte Tim Zulauf im von Andrea Thal kuratierten Beitrag zur Biennale Venedig die dreisprachige, installative Dramatisierung «Deviare – Vier Agenten – Part of a Movie» mit Fokus auf Bettelverbote und Antiziganismus. «Striche durch Rechnungen», 2013 koproduziert mit Les Complices*, zeichnete die Verräumlichung von Sexarbeit im Verhältnis zu medialen Diskursen in Zürich nach. «Pflege und Verpflegung», 2015 an der Gessnerallee aufgeführt, 2016 in Basel und Bern, spitzt in Agit-Prop Manier Fragen um Migration und Selbstbilder im Care-Sektor zu. Untersuchungen zu Planung, Rechtsprechung und Gegenerzählungen in Südafrikas Post-Apartheidgeographie fanden im Sommer 2015 in einer erste Stufe auf Einladung des Kollektivs dala im Integrated-Housing Project Cornubia/Durban statt. Zur Biennale Tunis «Dream City – Art et lien social» entstand zuletzt das Projekt «La porte portable», das sich mit den schweizerisch-tunesischen Beziehungen beschäftigt und für das Zürcher Theaterspektakel 2016 neu adaptiert wird.
Neue Reihe
Die aktuelle visuelle Kunst verwebt sich seit den 1990er Jahren immer enger mit den Genres von Choreographie und Theater. Getreu dem Programm der künstlerischen Grenzenlosigkeit richtet sich eine neue Reihe um eben jene (Nicht-)Grenzen, genauer: Es geht um die Beziehungen zwischen Performance, Theater, Tanz und visueller Kunst, die sich schon seit einiger Zeit nicht mehr an Genredefinitionen orientieren. Produktion, Inszenierung und Kontexte von «black box» und «white cube» sprechen spezifische Sprachen, aber wie werden sie jeweils thematisiert, hinterfragt, dekonstruiert und in Beziehung gesetzt? Wir laden Akteur_innen ein, um im Dialog Überlagerungen, Auslassungen und Begehrlichkeiten auszuloten. (Eintritt frei)